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Malerei als Yoga

Indische Malerei aus dem Geist des Yoga

"Sich total der Kunst hinzugeben kann Yoga genannt werden, denn das Ergebnis ist schöpferische Erfüllung! " Das habe ich noch jedem gesagt, der mich nach den Ursprüngen der indischen Malerei gefragt hat. In meinem Leben und Arbeiten habe ich die vollkommene Wahrheit des Satzes erfahren.

Ich fühlte mich jedoch nie dazu veranlasst, Yoga in der klassischen Ausübungsart zu betreiben oder gar so, wie Europa diesen Weg zur Gottesnähe kennt. Oft bin ich schon gefragt worden, warum ich diesen harten Weg ging und nicht vorgezogen habe, ein Geschäft zu betreiben oder in den Staatsdienst zu gehen. Die Antwort liegt in mir selbst. Ich stamme aus einer Brahmanenfamilie und das bedeutet, Traditionen zu folgen. Auch war ich ein scheues Kind und nicht dazu geschaffen, meinen Weg auf Kosten anderer Menschen zu machen, Ich habe den Zwang geerbt, Dinge und Taten aus der moralischen Wertigkeit zu beurteilen.

Ich wusste, dass ich keinen launischen Chef würde ertragen können und erst recht nicht war ich dazu geschaffen, die Intrigen des Geschäftslebens auszuhalten oder gar selbst daran mitzuwirken. Als ich studierte, habe ich Wegweiser angestrichen, die geschäftliche Seite der Angelegenheit hat jedoch mein Vater erledigt, er konnte das besser als ich. Ich war schon glücklich, wenn ich irgend etwas malen konnte und tatsächlich gab es in meiner Jugend hie und da Menschen, die meine vollkommene Hingabe an die Kunst verstanden und mir etwas zu verdienen gaben, ohne mir zu sagen, was und wie ich es machen sollte. Das erfüllte mich mit ungeheurem Glücksgefühl. Meine Vorbilder als Künstler und Menschen waren so geartet, dass sie mich genau auf den Weg führten, den ein Mann mit anderem Charakter und Herkommen vielleicht im Yoga gesucht hätte.

Meine Gurus hatten mir immer wieder gesagt, dass ein Bild zu malen zugleich auch bedeutet, eine Gedankenwelt zu schaffen. Motivwahl und Stil waren dabei weder vorgeschrieben noch nötig. Ich fand Ermutigung in meinem künstlerischen Streben durch das Studium moderner Maler in meinem Lande und anderswo. Ich befreite mich von gedanklichen Zwängen, aber da ich nun einmal als Brahmane in Gujerat geboren wurde (was das bedeutet kann ich nicht erklären) war ich dazu gekommen, nach den eigenen Wurzeln zu graben. Ich malte Bilder nach Motiven klassischer "Ragas", das sind indische Musikstücke, die man durchaus aus dem Geist des Yoga entsprossen erklären kann. Auch die Bhagavad Gita inspirierte mich. Als ich dann in Deutschland war und in grossen deutschen und österreichischen Museen die alten Meister sah, eröffneten sich mir neue Horizonte der Farbkomposition.

Ich fand auch in den berühmten europäischen Meistern jene totale Hingabe an die Kunst und bin seither der Meinung, dass ihnen etwas vom Geist des Yoga bekannt gewesen sein muss. Technische Probleme der Malerei haben heute für mich keine Bedeutung mehr, Technik dient nur noch der Übermittlung der Gedanken. Ich habe in meinem eigenen Leben festgestellt, dass jeder Mensch versuchen sollte, herauszufinden, was er eigentlich ist und will und dann fest zu dem zu stehen, was er einmal als richtig erkannt hat.

Ich habe Vorbilder, denen ich nachstrebe. Es sind dies Mahatma Gandhi, Rabindranath Tagore und Shree Vivekananda. Ihr Leben, Denken und Handeln entsprang aus dem Geist des Yoga und sie haben diese weltverändernde Hingabe an die Aufgabe gelebt, die mich so beeindruckt. In meinen Bildern versuche ich immer aufs neue das Wesen der Grösse auszudrücken. Dabei habe ich sogar einmal in einem Bild den Weg gewählt, Mahatma Gandhi's Sandalen abzubilden, denn was sagen sie nicht aus über diesen Mann und sein Werk! Das Licht fasziniert mich immer wieder, in meiner Glaubenswelt ist "Omkar", das Licht die "erste und letzte Wirklichkeit". Ich weiss nicht, ob die sehr symbolhafte indische Bilderwelt dem deutschen Betrachter leicht zugänglich ist, da aber der künstlerischer Grund überall gleich oder ähnlich ist und nur die Ausdrucksformen variieren, bin ich zuversichtlich, dass man hier Zugang zu meiner Bilderwelt findet. Hindus und vor allem wir Brahmanen haben keine Schwierigkeiten damit, Inkarnationen des Göttlichen und Heiligen selbst im Irdischen und Materiellen zu erkennen. Ob es Europäern gleich gelingt, weiss ich nicht. Auch bin ich nicht geübt darin, mit Worten eine Gefühlswelt darzustellen. Das tue ich in meinen Bildern. Aus welchem Geist heraus sie geschaffen wurden, habe ich versucht zu skizzieren. Der Geist des Yoga ist jedermann zugänglich, der eine Ahnung des göttlichen erlangt hat und wie eine Magnetnadel, die nach Norden schwingt, sich auf Gott ausrichtet. Mein Leben als Künstler und meine Bilder als Ausdruck und Frucht davon, sollen so etwas sein, wie die zitternde Magnetnadel, die den Weg weist.

 

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